Höchstgeschwindigkeit, Trettleistung und -frequenz beim S-Pedelec in Zahlen

Ich bin kein technischer Experte, aber ich möchte hier als informierter Laie mal mit einer Betrachtung der zugehörigen – groben – Zahlen beitragen:

Sehr häufig/ überwiegend begegnet man Aussagen von Nutzenden, dass selten die zulässige Geschwindigkeit ausgefahren wird und dies – je nach Konfiguration des Fahrzeugs – nur kurzzeitig unter körperlicher Maximalleistung möglich ist.

Aus zahlreichen Berichten in Foren und Studien kann man entnehmen, dass die vorwiegende höhere Reisegeschwindigkeit – dort wo es möglich ist – bei ca. 30-38 km/h liegt. Damit ist nicht der Durchschnitt inkl. Anhaltezeiten gemeint, der liegt bei +/- 25 km/h, insgesamt gehen Angaben dazu je nach Bemessungsmethode oder z.B. auch Umgebung relativ weit auseinander …

Das führt zu dem Problem, dass sich sehr Viele mit rund 30 – 35 km/h v.a. auf einer Schnellstraße als Verkehrshindernis wahrnehmen bzw. dies wird auch von Anderen unmissverständlich signalisiert, und die Anzahl der Überholvorgänge ist je nach Verkehrsaufkommen beträchtlich. Von einer positiven Erfahrung ist das meilenweit entfernt, worunter die Attraktivität stark leidet und damit kaum eine Alternative zum Auto darstellt.

 

Theoretische und in der Praxis realisierbare/tatsächliche Leistung des Motors –
Verhältnis Trettleistung zu Unterstützung

Als S-Pedelecs aufkamen, hat man sie der Einfachheit halber in die Kategorie Mopeds (L1e) einsortiert, da man sie ja mit mehr als möglichen 25 km/h nicht wie Pedelecs hat einstufen können.
Die erlaubte Nenn-Dauerleistung dieser EG-Fahrzeugklasse beträgt bis zu 4 Kilowatt, ist aber beim S-Pedelec auf das maximal Vierfache der eingesetzten Leistung der Fahrenden begrenzt.
Dazu diese Hintergrundinfo:

Motorleistung und Leistung des Fahrenden:

Die „Normal“Radler -Trettkraft liegt wohl bei 100 -150 W, sportlich um die 200 W, Profi > 400, z. B. da zu finden https://www.rad-lager.de/leistungsbedarf.htm
→ Theoretisch käme so eine Leistung des Mensch/Motorgespanns von rund 1 KW für recht Sportliche und 1,6 KW für Profis zustande und läge damit noch weit unter der Leistung von Verbrenner-Mopeds, bei denen man dafür auch nur einen Gasgriff betätigen muss.

Da aber sehr viele v.a. Mittelmotoren nur 250 bis 350 Watt liefern, kann der Motor die Kraft des Fahrenden nicht wirklich mehrfach unterstützen, schon bei 120 Watt Trettleistung stößt dieser dabei an seine Grenzen. Zudem liegt z.B. die max. Unterstützung bei den weitverbreiteten Bosch-Motoren bei maximal 340 %

Also realistisch sind eher folgende Werte:
Trettkraft 100 Watt + Unterstützung → 440 Watt, die aber durch die maximale Kraft des Motors von 350 Watt gerade so zum Tragen kommen. Auch bei 150 Watt Trettkraft fällt die Unterstützung bei solch einem Motor nicht höher aus.
Angenommen er liefert, wie bei manchen Motoren der Fall, bis rund 800 Watt, kommen bei 200 Watt Trettkraft am Ende auch „nur“ max. 1,2 KW zusammen (wenn ein Profi 400 Watt erzeugen kann).
Da S-Pedelecs in der Regel ein geringeres Gesamtgewicht als Mopeds bewegen, ist diese Kraft in Relation dazu zu beurteilen.

Zur Orientierung noch der Vergleich zum Biobike:
25 km/h ca. 125 Watt, 30 km/h 190 Watt – also muss man ohne Unterstützung schon ordentlich Kraft aufbringen, um höhere Geschwindigkeiten zu erreichen – bei Gegenwind, Steigung oder Schnee dann noch erheblich mehr – sodass viele Menschen wegen der als unangenehm empfundenen Anstrengung das Fahrradfahren eher meiden, bzw. das Auto bevorzugen, insbesondere wenn weitere Strecken zu bewältigen sind. Elektrische Unterstützung kann Radfahren zum Genuss machen, was vielfach bestätigt wurde.

Trittfrequenz

Bzgl. Trittfrequenz – hier diese Fotos, bisl wacklig, war nicht so einfach beim Fahren 😉 ,
aufgenommen bei einer Fahrt mit einem Bosch-Performance Line HS Mittelmotor, Riemenantrieb mit Riemenscheibe vorne 55, hinten 24 Zähne, mit enviolo 380 % Nabe

Pedelec -Display zeigt 37 km/h, Trittfrequenz 88, Muskelleistung 196 Watt
Display zeigt 40 km/h, Trittfrequenz 96, Muskelleistung 187 Watt
Display zeigt 34,7 km/h, trittfrequenz 80, Muskelleistung 96 Watt
Display zeigt 42 km/h, Trittfrequenz 99, Muskelleistung 122 Watt

Also man sieht, mit einer „normalen“, noch angenehmen Trittfrequenz von 80RPM bei 43 km/h, komme ich nicht hin … da ergeben sich eher 35 km/h mit ca. 100 Watt
(wie die Trittfrequenz ideal ist, ist mal wieder komplex z.B. https://www.radsport-rennrad.de/training/die-trittfrequenz-beim-rennradtraining/)

persönliche Erfahrung mit zwei bisher genutzten S-Pedelecs, beide mit ähnlicher Antriebskonstellation (Schaltung enviolo Nabe):
– 30-35 km/h „locker“/mit mittlerer Anstrengung mehrere Stunden bei RPM +/- 80 mit 100-120 Watt
– 40 km/h mal einige Minuten mit starker Anstrengung bei RPM > 95 mit 120-150 Watt, Problem dabei ist, dass es kaum möglich ist bei dieser Frequenz noch mehr Kraft auf die Pedale zu bringen
Bei Steigungen, Wind, Erschöpfung sowie Akku leer oder Ladestand knapp ist man entsprechend langsamer. Im Übrigen: Luftwiderstand nimmt mit v-zum Quadrat zu!

Die Anstrengung, die man auf einem Biofahrrad aufbringen muss, um gut 30km/h zu erreichen, ist beim S-Pedelec erforderlich für Tempo über 40km/h. Wer außer sportlich ambitionierten Menschen will beim Radfahren ständig seine Leistungsgrenze ausreizen? So ist es auch bei den meisten S-Pedelec-Fahrenden, die zu guter Letzt auch einfach mal gemütlich dahintrödeln wollen.

Ich hoffe, ich konnte aufzeigen, dass S-Pedelecs nicht ohne Zutun wie ein Moped 4KW Leistung liefern und somit keineswegs „das Selbe“ sind.
Die aktuellen Regelungen sollten hinsichtlich solcher Daten in Bezug auf Gleichbehandlung mit Mopeds vllt. „relativiert“ werden … sodass einem dann nicht zugemutet wird, auf einer Bundesstraße 20 km/h zu fahren  …

 

Auf jeden Fall wird oft berichtet, dass mit vielen S-Pedelecs eben nicht mühelos 40, geschweige 45 km/h erreicht werden können und möchte damit dieses Missverständnis aus dem Weg räumen, auf dem die Widerstände basieren, ihnen das Fahren auf Radwegen zu erlauben.

 

Über Vor- und Nachteile verschiedener Antriebssysteme wird viel diskutiert … dazu noch das:
Vor einer Weile habe ich allerdings auch zwei andere S-Pedelecs kurz testen können, 1x Stromer mit starkem Hinterrad-Nabenmotor und 1x Riese & Müller Charger Bosch Mittelmotor Performance Line Speed mit Rohloff-Nabe (Watt?, soweit mir bekannt 350), mit beiden konnte wesentlich einfacher als gewohnt  40-45 km/h erreichen, so weiß ich nun, dass die Konstellation des Antriebs eine wichtige Rolle spielt, nicht ganz klar ist mir, die der Motorleistung … die Übersetzung und Art der Kraftübertragung sind zumindest auch ein wichtiger Faktor.

Update: Vor kurzem habe ich durch eine günstige Gelegenheit ein HNF XD3, Bosch MM mit Riemen und Rohloff erwerben können. Damit fällt es viel leichter eher mal Richtung 40km/h zu erreichen – klingt vielleicht komisch, es fühlt sich viel besser an, auf „Schnell“strassen Autos weniger stark auszubremsen und ich stresse mich nicht so wie vorher, schnell zu fahren, damit verständlich ist, warum ich da auf der Fahrbahn bin. Allerdings bewahren einen auch 45km/h leider nicht vor Pöbeleien wie Anhuppen, gefählichem Schneiden und  – viel zu – engem Überhohlen.

Bei Gelegenheit Bilder vom Boardcomputer …

 

Übrigens zu dem Einwand der „Pedelec-Skeptiker“ zum gesundheitlichen Nutzen von Pedelecs: der Bordcomputer attestiert mir bei 15 Minuten Fahrzeit einen Verbrauch von ca. 100 kcal, bei einer Stunde sind das 400 kcal. Sicherlich werden dabei Herz, Kreislauf und Muskeln gesundheitsrelevant beansprucht. Es ist dabei lediglich möglich in der gleichen Zeit eine signifikant weitere Strecke zurückzulegen, was insbesondere für Leute v.a. im ländlichen Raum, allen voran die Pendler unter ihnen, einen bedeutenden Vorteil darstellt.

Ein bisschen interessant zu dem Thema ist dieser Artikel: https://www.radfahren.de/story/rennrad-oder-s-pedelec-wer-ist-schneller, die beiden fahren im Durchschnitt 32 km/h und es wird betont: „Um das zwischen 34 – 36 km/h pendelnde Tempo halten zu können, ist – eine erste Erkenntnis – trotzdem ordentlich Beinkraft nötig“.
Dazu ist aber noch anzumerken, dass das S-Pedelec bei dieser Fahrt hauptsächlich im Eco- und Tourmodus betrieben wird und die „Pendelstrecke“ von 100 km natürlich kaum dem Standard entspricht.


Wer bei Facebook ist, kann auch diesen Beitrag besuchen, viele Nutzer bestätigen, dass ein dauerhaftes Ausfahren der 45 km/h sehr selten ist, Hauptgeschwindigkeit liegt bei um die 35 km/h (bei ungehinderten Fahren).

Im Podcast von Rad und Tour zu S-Pedelecs kann man – im letzten Drittel – die Empfehlungen der Radexperten zu verschiedenen Antrieben hören.

2 Kommentare zu „Höchstgeschwindigkeit, Trettleistung und -frequenz beim S-Pedelec in Zahlen“

  1. Christian Steininger

    Hallo – ich fahre meine 26km Strecke zur Arbeit mit leichter 2% Steigung mit einem 33km/h SCHNITT über Gemeindestraßen/ Feldwege und auch ein wenig Stadt. 45km/h ist möglich mit moderatem AUfwand in der Ebene. Klever X Speed 45 pineon. Durch den Riemenantrieb ist die Kadenz auch sehr angenehm niedrig.

    1. Danke für das Teilen der Erfahrung, ich habe kürzlich bei den E-bike-Days München auch den inneren Aufbau des Pinion Antriebs bewundern dürfen, der mit einem Heckmotor kombiniert wird, scheint ein richtig gutes System zu sein, wirkt auf mich überzeugend, ich kann mir gut vorstellen, dass man damit sehr zufrieden ist.

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