Wie hätten Sie’s denn gern? – meine Meinung

Probleme der Nutzenden: 

  • extrem hohes Sicherheitsrisiko – auch für Autoverkehr! – durch provokantes Verhalten und Fehleinschätzung der Geschwindigkeit des S-Pedelecs
    Größtes Problem Nutzungspflicht der Schnellstraßen, insbesondere derer, die als Hauptverkehrsadern dienen
  • Ein Teil der verfügbaren Wege wird als extrem stressig empfunden, z. B. https://swov.nl/nl/publicatie/speed-pedelec-op-de-rijbaan-eerste-praktijkonderzoek-naar-gedragseffecten u.a. wg. Anfeindungen durch Autofahrer (Tipp Übersetzungs-plugin nutzen)
  • Inkaufnehmen von weiten Umwegen, macht teilweise Vorteile zunichte
  • Wenn man mit Anderen (Familie) unterwegs sein will, müsste man ein 2. Fahrrad zur Verfügung haben, nicht für jeden gut machbar (Kosten, Platz)
  • mit S-pedelec auf Schnellstraße fühlt es sich an wie mit klassischem 50km/h Moped auf Autobahn.
Für ohnehin stark fahrradaffine und damit auch routinierte risikobereitere Radler werden eher weniger von den Nachteilen abgehalten, S-Pedelecs zu nutzen. Ich meine, es wäre wichtig, dass mit der Wahlfreiheit den Radweg nutzen zu DÜRFEN, auch die Masse der mehr durchschnittlichen Alltagsradler zu erreichen, um die Verkehrswende ernsthaft voranzubringen.

Argumente gegen die Bedenken, die Radwegenutzung – v.a. AUSSERORTS – zu erlauben:

  • Auf solchen ausserörtlichen Begleitwegen mit langen Streckenabschnitten sind wenige Fußgänger und eher nicht so viele Radelnde (und davon kaum Senioren, Kinder alleine oder Rollstuhlfahrer) unterwegs
  • Begleitwege außerorts sind dort oft rund 3m breit, siehe Googlemaps, für gewöhnlich sehr übersichtliche Streckenführung, heißt vorausschauendes Fahren unproblematisch
  • Anhalteweg (=1sec Reaktions+Bremsweg) von (S-)Pedelecs/Fahrrädern bei 35km ca. 16m, bei 25km/h ca. 10m – Je nachdem, ob die Bremsen in ordentlichem Zustand sind …
  • S-Pedelecs haben gute Sicherheitstechnik: wer ein S-Pedelec fährt, ist schon um seiner selbst willen bedacht auf korrektes Funktionieren
  • SP-Fahrer:in ist normalerweise sowieso vorsichtig, wie ein Skifahrer, der nicht gegen Baum knallen will, ist genauso verletzlich wie die Anderen (ist nicht vergleichbar mit Situation von AutofahrerInnen, die sich in ihrer Blechkiste kaum verwundbar fühlen)
    man passt sich ganz selbstverständlich den Gegebenheiten an, auch um eine enge Kurve rauscht man nicht mit 40km/h, wie sicher jeder Radfahrer weiß
  • Wer schnell fahren will bevorzugt ohnehin die Straße, vor allem da wo „Radweg“ schmal und schlecht ausgebaut oder stark frequentiert, siehe Forderung der Rennradfahrenden u.ä. nach Straßennutzungserlaubnis
  •  auf – oft holprigen – Wirtschafts-/Feldwegen fahren normalerweise ohnehin die Wenigsten schneller als 25km/h
  • Aus Tübingen, Belgien und der Schweiz wurden bisher keine Horrormeldungen bekannt … Im Gegenteil, siehe auch mein Artikel von 2024-01 mehr Quellenangaben folgen gelegentlich [1]
  • Statistische Zahlen der Versicherer bescheinigen nicht, dass von S-Pedelecs eine besonders hohe Gefahr ausgeht, siehe https://www.pedelecforum.de/forum/index.php?threads/statistische-zahlen-zu-s-pedelec-angemeldet-unfaelle-schadenshoehe-im-versicherungsjahr-2019.85554/

Mögliche Sicherheitsvorkehrungen:

Schon aktueller Stand:

  • Durch Führerscheinpflicht ist eine gewisse Bildung zum Verhalten im Verkehr gewährleistet
  • S-Pedelecs haben einen Tacho
  • Für S-Pedelecs gilt Versicherungspflicht, falls es zu Schäden kommt, ist normalerweise Haftung geregelt (wenn StVO-gemäß gehandelt wurde) anders als bei Fahrradfahrenden
  • Die erlaubte Nenn-Dauerleistung der Motoren beträgt bis zu 4 Kilowatt, ist aber auf das Vierfache der eingesetzten Leistung der Fahrerin oder des Fahrers begrenzt: die „Normal“Radler -Trettkraft liegt wohl bei 100 W, sportlich 200 W, Profi > 400 W, z. B. da zu finden https://www.rad-lager.de/leistungsbedarf.htm  → das wäre dann theoretisch eine Gesamtleistung von bis zu rund 1 KW für recht Sportliche und 1,6 KW für Profis, real liegt sie allerdings oft darunter, da viele Motoren nur weit geringere Unterstützung zur Verfügung stellen können
    –> Die Leistung entspricht also bei weitem nicht der von klassischen Mopeds (wie Vespa), siehe auch in meinem detaillierteren Beitrag dazu und ist keineswegs vergleichbar mit dem bloßen Drehen des Gasgriffes beim Moped.

    Zusätzliche Regeln bei Freigabe von Radwegen:

    • Vllt. ein Überholgebot von max. 25/28/30? km/h und max. möglichem Abstand, etwa 0,8m (ähnlich 1,5 bzw. 2 m Regel für überholende Autos)
    • Klingeln als Pflicht, ähnlich wie Blinken zum Abbiegen, das wirkt auch nicht so unhöflich, wenn es sich einbürgert, dass es als Signal genutzt wird
    • Außerorts sollen auch Strecken gesperrt werden können, z. B. Donauradweg (falls man sich nicht auf eine Geschwindigkeitsbegrenzung verlassen möchte)
    • S-Pedelec-Fahrende sollten ähnlich Erste Hilfekurs eine Minieinweisung/Prüfung mitmachen müssen („Fahrschulunterricht“) für die Nutzung von Radwegen (ähnlich „Mofa“-FS)
    • Ich könnte auch – v.a. für innerorts – mit technischen Lösungen leben, z.B. dass ein „grünes“ Lämpchen anzeigt, dass die niedrigste Unterstützung aktiv ist.
    • vllt. möglich: die letzte Geschwindigkeit wird vom Boardcomputer registriert, diese könnte man im Falle eines „Zwischenfalls“ festgestellt werden (haben Autos aber auch nicht)
    • Auch gewisse GPS-basierte Lösungen werden diskutiert (Geofencing) – allerdings: wie würden Autofahrer das finden, wenn das Auto in einer Tempo30-Zone automatisch gedrosselt werden würde?
    • Wie bei Autos kann man bei S-Pedelecs auf dem Radweg ja auch von einer – etwas – höheren Betriebsgefahr ausgehen und daran das Haftungsrecht ausrichten, sprich den S-Pedelec-Lenkenden könnte generell eine Teilschuld zugesprochen werden, wäre es offiziell erlaubt auf dem Radweg zu fahren, könnten sie sich auf Übernahme des Schadens durch ihre Versicherung verlassen.
    • Selbstverständlich: (je nach Gefährdung: harte) Strafen für S-Pedelec-Fahrende, u.a. als Führerscheininhaber, falls sie auf Radwegen andere gefährden/sich nicht an Regeln halten (- ggf. hohe – Bußgelder, Punkte, Fahrverbot).
      Da sie ein Kennzeichen haben, sind sie leichter zu identifizieren
Also was ich mir im Groben wünsche wäre:
Zumindest AUSSERORTS auf jeden Fall generell Freigabe von – auch Fußgänger und Radfahrer gemischten – Begleitwegen insbesondere ab einer Höchstgeschwindigkeit von  60km/h auf der Straße
ggf. mit Geschwindigkeitsbegrenzung. Vorteil: leicht und kostengünstig umzusetzen
–  Solange Radwegenetz unzureichend, sollte die Nutzung der Straße zur Auswahl offen sein (also keine Nutzungspflicht wie in Belgien bei Höchstgeschwindigkeit mehr als 50 km/h) und dies auch für andere schnelle Räder ohne Motor (Rennrad, velociped), das könnte Radwege insgesamt entlasten
(ein bisschen analog zu wie Autofahrende auf der Autobahn auch entscheiden können, ob sie besser aufgehoben sind auf der rechten oder der linken Spur, je nach Sicherheitsbedürfnis, gewünschtem Tempo, örtliche Gegebenheiten, Verkehrsauslastung). Also Aufhebung der „allgemeinen“ Radwegbenutzungspflicht – ebenso leicht umzusetzen

– deutschlandweit – also nicht nur nach Zulassung durch die Landesverkehrsministerien wie in Baden-Württemberg – Möglichkeit der Kommunen außer- und innerorts gefährliche Strecken freizugeben
Erlaubnis zur Durchfahrt von Einbahnstraßen wie Radfahrende mit „angemessenem“ Tempo (30)
Freigabe von Wirtschafts- und Waldwegen, um das S-Pedelec auch für gemütliche Ausflüge auch mit der Familie nutzen zu können, und um stressigen Strecken zu entkommen

Es liegt mir völlig fern, dass Radfahrende und Zufußgehende gefährdet werden, ich bin überzeugt, dass es kein riesiges Problem ist, vor allem bei Wahlfreiheit, – unter Wahrung von deren Interessen –  für ein großes Plus an Sicherheit der S-Pedelec-Fahrenden zu sorgen (und des Autoverkehrs! –  da kann es ja bei einem Frontalzusammenstoß auch Unschuldige treffen)

Aufhebung der strengen Regeln bzgl. Anhänger (mehr: siehe ein Artikel von mir):
Rücklicht sogar mit Bremslicht (wie für Mopedanhänger verlangt) ist leicht realisierbar (habe ich selbst schon umgesetzt) und die beliebte „Weberkupplung“ hält auch den Belastungen von 50km/h stand  (behaupte ich jetzt erfahrungsbedingt einfach mal, bin auch mit Biobike schon häufig Berge recht schnell hinuntergerollt). Leider gibt es aktuell keine zugelassene, geeignete Kupplung. Dass der Anhänger (das Fahrwerk) eine gewisse Zulassung haben sollte, kann ich gut akzeptieren.

Auch Transport von Kindern erlauben (ggf. mit Geschwindigkeitsbegrenzung), könnte das Leben von Eltern erheblich erleichtern! Macht die Schweiz so. Und mal ehrlich, wer würde nicht auf seine eigenen – oder beaufsichtigte Kinder – gut aufpassen und ihnen zuliebe die Geschwindigkeit anpassen! Und man merkt auch deutlich, wenn man zu schnell für den Anhänger ist. Bzgl. Unfallgefahr sollte man, provokant gesagt, dann auch keine Kinder im Auto transportieren, vor allem nicht auf der Autobahn … .
Aber klar (…Ironie), solange man mit einem S-Pedelec sogar an einer Bundesstraße auf die Fahrbahn muss, ist es besser, der Kinderanhänger bleibt verboten.

Die Mitnahme in allen öffentlichen Verkehrsmitteln wie für Fahrräder erlauben:
Dass ein S-Pedelec nicht mitgenommen werden darf, das erscheint kaum einsichtig, da es genauso viel wiegt wie ein erlaubtes Pedelec, gleiche Abmessungen hat und den gleichen Akku verwendet, und die bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit spielt beim Transport auch keine Rolle. Einziger Unterschied ist die Software auf dem Chip. Aus der Zeit ohne Pedelecs stammt die Unterscheidung Fahrrad zu „zulassungspflichtigen Zweirädern“, diese sind vergleichsweise sehr schwer und mit Mineralölen betrieben …

Sonstiges

– Abstellen wie für Fahrräder erlauben, vor allem damit man das S-Pedelec weitgehend diebstahlsicher an Fahrradabstellanlagen anschließen kann (offiziel nicht erlaubt, da es ja ein KFZ ist)
– Helme zumindest nach der holländischen Norm NTA 8776 erlauben, rechtssicher festlegen, was ein lt. StVO vorgeschriebener „geeigneter Helm“ für S-Pedelec-Nutzung sei. Motorradhelme (mit ECE-Zulassung) sind aufgrund der Anstrengung bzw. mangelnder Belüftung absolut unzumutbar
– kleine Umbauten (z.B. Lenker, Sattel tauschen) befreien von den komplizierten und strengen Vorgaben die für sonstige KFZ gelten
– Erlauben von Spikes, erhöht Sicherheit bei Glätte enorm (sind verständlicherweise für schwerere KFZ verboten)

 

 Angesichts des bedrohlichen Klimawandels sollten CO₂-Einsparungen im Verkehrssektor möglichst schnell erreicht werden, eine Änderung der STVO (also deutschlandweit) wäre im Vergleich zu vielen anderen Maßnahmen schnell und kostengünstig realisierbar, bei großen Problemen kann mit Beschränkungen reagiert werden.

(Nicht nur) ich sehe im S-Pedelec echt eine große Chance für die Verkehrswende, vor allem auf dem Land! Und das ist doch das, was wir uns gemeinsam wünschen! Will man das, ist es hilfreich es den Leuten „bequem/attraktiv“ zu machen, es gibt – leider – Wenige, die jede Bürde auf sich nehmen, vor allem nicht um ein Auto stehenzulassen …
 

Meine Lieblingsvision wäre, dass alle pedalbetriebenen – mit und ohne e-Antrieb – Fahrzeuge, zumindest außerorts, freie Wahl zwischen Straße und Radweg haben, also Aufhebung der allgemeinen Radwegebenutzungspflicht, damit auch etwas mehr Flächengerechtigkeit, wie inzwischen in Großbritannien (z.B. https://www.stern.de/auto/news/neuer-strassenkodex—autofahrer-am-ende-der-hackordnung-[…]

1 Kommentar zu „Wie hätten Sie’s denn gern? – meine Meinung“

  1. Hallo,

    Auf den gezeigten Bundes – Landesstraßen in deinem Video, sofern es keine extra ausgewiesene Kraftfahrzeugstraße ist, musst du in der Tat auf diesen Straßen mit deinem S-pedelec fahren. Für die eigene Sicherheit fahre ich schon länger nicht mehr so nah am Randstreifen, denn das verleitet die Autofahrer trotz Gegenverkehr den RadlerIn eng zu überholen. Fährt man mit etwas Abstand zum rechten Fahrbahnrand, etwa auf dem ersten Viertel der Breite der Fahrbahn, können wir RadlerInnen nicht überholt werden wenn Gegenverkehr kommt.

    Bei der gezeigten Straße im Video wäre ich hingegen geneigt, verbotswidrig auf dem Radweg zu fahren für meine eigene Sicherheit und das eigene Nervenkostüm. So handhaben das bei uns etliche S-pedelec RadlerInnen und die Polizei sagt bislang nichts negatives dazu.

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