D-A-CH Studie: Sichere und effiziente S-Pedelec Infrastruktur

Inhalt

Einladung
Da ich bekannt bin für mein Anliegen, werde ich auch immer wieder mal auf alles Mögliche zum Thema S-Pedelec hingewiesen:
Betreff: Teilnahme an einer Online-Diskussionsrunde zu schnellen E-Bikes (S-Pedelecs)

Im Rahmen des Forschungsprojektes „Sichere und effiziente S-Pedelec Infrastruktur“ suchen wir S-Pedelec-Fahrerinnen und -Fahrer für moderierte Online-Diskussionsrunden.
Ziel ist es, Bedürfnisse der S-Pedelec-Fahrerinnen und -Fahrer an bestehende und neue Verkehrsregeln sowie (Rad-)Infrastruktur zu ermitteln.
Die Ergebnisse dienen dazu, infrastrukturelle und techno-soziale Lösungen zur sicheren und effizienten Einbindung von S-Pedelec-Fahrerinnen und -Fahrern in das Verkehrssystem zu erarbeiten,
die in Empfehlungen für Maßnahmen münden. Für die Teilnahme ist kein spezifisches Vorwissen zu Verkehrsregeln, Infrastruktur oder S-Pedelec nötig.
Mehr Informationen zum Forschungsprojekt: www.s-pedelec.net

Falls Sie Interesse an einer Teilnahme haben, melden Sie sich gerne über diesen Link an: https://www.s-pedelec.net/moderierte-diskussionsrunde-zu-speed-pedelecs/

Da war einen Einladung für Österreichische ProbanInnen https://blog.techno-z.at/ihre-meinung-bitte-online-diskussion-zu-speed-pedelecs/

Schön, dass zumindest weiter geforscht wird, wie S-Pedelecs integriert werden können.

Schade allerdings, dass der ganze Aufwand nötig ist, weil die Gefahren durch die mögliche höhere Geschwindigkeit, wie ich meine, recht aufgebauscht werden und deshalb an der Einordnung als 4 KW-Moped festgehalten wird. Weil man den Nutzenden nicht zutraut, dass der Großteil von ihnen Rücksichtnahme für normal hält und sich auch an Regeln halten kann. Und weil auch irgendwie verkannt wird, dass S-Pedelecs Fahrräder (Pedelecs) mit erweitertem Anwendungsbereich sind …
Nach der Logik, die auf S-Pedelecs angewandt wird, dürften Autos eigentlich nirgends außer auf der Autobahn fahren, außer man würde sie schnellstmöglich alle mit Geofencing ausstatten, sodass deren Geschwindigkeit automatisch je nach befahrener Zone gedrosselt wird. Man muss – leider! – im Verkehr immer in Kauf nehmen, dass nicht alle die erforderliche Vorsicht walten lassen, allen voran sind halt Autos augenscheinlich die gefährlichsten Fahrzeuge, darum erschließt sich mir nicht, warum für S-Pedelecs strengere Maßstäbe angelegt werden sollen, als schlicht für die Benutzung des Radwegs die Beachtung einer Höchstgeschwindigkeit bzw. einer angemessenen Geschwindigkeit zu verlangen.
Man könnte auch einfach auf die Schweiz und Belgien schauen, die anscheinend keine nennenswerten Probleme mit S-Pedelecs auf den Radwegen haben.

Ich hab mich für die Studienteilnahme gemeldet und werde hier weiter berichten.

Online Diskussionsrunde

Die zwei-stündige Online Diskussionsrunde zum Thema S-Pedelec-Infrastruktur für das Projekt SESPIN von der Fachhochschule Nordwestschweiz, Hochschule für Angewandte Psychologie, hat stattgefunden am 1.2.2023  mit 2 Moderatorinnen und 7 – deutsche -TeilnehmerInnen (1x w/6x m).

Hier nun ein – einfach gehaltenes – Gedächtnisprotokoll:
Kurze Vorstellung, wer wir sind und warum wir uns S-Pedelecs angeschafft hätten und wie wir sie nutzen, von mir geschätztes Durchschnittsalter war um die 50. Sie nutzen ein S-Pedelec seit zwischen 2 und 15 (?) Jahren.
Als Anschaffungsgründe wurden genannt: fürs Pendeln, voller Autoersatz, um auf dem Land unabhängig vom ÖV mobil zu sein, um – auch mit körperlichen Einschränkungen – mit sportlicheren Biobikern mitfahren zu können.
Viele fahren – mitunter sehr – weite, einfache Strecken von 15-60km.
Dann wurden wir gefragt, was wir positiv und negativ an S-Pedelecs finden. Schnell wurden einige Tendenzen deutlich:

Negativ:
Die meisten (alle?) nutzen – vorwiegend aufgrund des Sicherheitsbedürfnisses – auch nicht erlaubte Wege. Man habe dabei ein ungutes Gefühl, weil von Versicherungen verweigerte Versicherungsleistungen gegenüber Geschädigten bzw. eigener Schadensersatzansprüche aufgrund nicht befolgter STVO oder Zulassungsbestimmungen schwerwiegende Folge sein könnten.
Angefeindet und in gefährliche Situationen gebracht zu werden, da die Pflicht zur Nutzung der Fahrbahn kaum bekannt ist. Einer berichtet, er habe ein großes Motorradkennzeichen (THG-Quote …), damit habe er diese Probleme nicht mehr
Die Öffis werden auch von vielen genutzt, aber erlaubt ist es nicht, was durchwegs auf Unverständnis stößt.

Positiv:
natürlich die Geschwindigkeit –> weite Strecke mit erträglicher Anstrengung in angemessener Zeit,
Verglichen mit Kosten für Autos billig, gesund, verlässlich

Auf einem Mural-Board sollten wir dann unsere Position zu Möglichkeiten der Infrastrukturnutzung mit verschiebbaren Icons kundtun, jeweils von gar nicht bis sehr und die Kategorien gut/schlecht und gerecht/ungerecht

A. Wie würdet ihr es finden, wenn S-Pedelecs im Mischverkehr, also auf der Straße mit Autos etc. fahren müssten? Relativ ausgewogen verteilt, Tendenz aber ein bisschen mehr Richtung „nicht so gut“, bzgl. Gerechtigkeit ähnliches Bild, allerdings mehr Icons in der Mitte

B. Wie würdet ihr es finden, wenn S-Pedelecs auf Fahrradstreifen/-wegen, also mit anderen Fahrrädern fahren müssten? Deutliche Tendenz zu „gut“ und „gerecht“, einige wären aber auch nicht erfreut wegen Infrastrukturmängeln … (s.u. zu dürfen/müssen).

C. Wie würdet ihr es finden, wenn S-Pedelec gemischte Geh- und Radwege mit anderen Fußgänger*innen nutzen würden?
Nur einer würde das nicht befürworten, einzelne sind unentschieden, die Anderen haben ihr Icon bei gut bzw. gerecht gesetzt

Man stellte fest, dass für eine Beurteilung eigentlich eine Unterscheidung nach inner- und außerorts sinnvoll sei.
Es kam u.a. ein Austausch über die Formulierungen „müssen“ und „dürfen“ auf – man konnte raushören, dass eine gewisse Wahlfreiheit gewünscht wird, da die Entscheidung zwischen Fahrbahn und Radweg abhängt von den Faktoren Verkehrsaufkommen, Tageszeit, Qualität der Infrastruktur, gewünschtes Tempo, in Begleitung anderer Radfahrenden usw.

In einem zweiten Mural-Board konnten wir bewerten, wie wir es fänden, wenn man in die Geschwindigkeitsregulation eingreift.
Tendenz geht recht deutlich Richtung „nicht gut“, einige finden das sehr ungerecht, ein paar positionieren sich in der Mitte.
Einer sagte, das würde die ohnehin komplizierten Vorschriften noch komplizierter machen und deshalb nicht wünschenswert.
Meine Meinung dazu ist: Der Vorschlag von technischen Möglichkeiten wird immer wieder geäußert – Ich weiß nicht wie hoch der technische Aufwand wäre, vllt. ist es aber auch per GPS einfach (aber was, wenn die Technik nicht verlässlich funktioniert? Mein Open Bike Sensor macht manchmal abenteuerliche GPS gestützte Aufzeichnungen). Ich könnte eine solche Ungleichbehandlung auch nicht ganz nachvollziehen, obwohl von Ihnen doch eine wesentlich höhere Gefahr ausgeht – wie würden Autofahrende das finden, wenn die Autos in 30er-Zonen automatisch gedrosselt werden würden? Man also ihr Fahrverhalten bevormundet. Allerdings würde ich solch einer Lösung zur Not zustimmen, wenn ich dadurch rechtlich abgesichert Gefahren meiden könnte.

Man ist sich weitgehend einig, dass es nicht problematisch ist, die Geschwindigkeit anzupassen, so, wie es auch – meisten – anderen Nutzern von KFZ auch gelingt. Mehrere berichten, dass sie noch keine Probleme mit den langsameren VTN gehabt hätten (bzw. diese mutmaßlich auch nicht mit „uns“)

Uns wurde eine sichere Kreuzung gezeigt (u.a. mit indirektem Linksabbiegen), wie wir die als S-Pedelec-Fahrende finden. Ich meine, die ist wunderbar für sicherheitsbedürftige Radler, aber für uns eher hinderlich für zügiges Vorankommen, aber je nach Gesamtsituation auch nutzbar – wiederum Stichwort angepasste Geschwindigkeit.

Zuletzt sprach man über weitere Wünsche: Sichere Abstellanlagen, Mitnahmeerlaubnis in Zügen …

Es hat mich sehr gefreut daran teilzunehmen, vor allem tat es gut, wieder mal Bestätigung zu finden, dass auch andere weitgehend die gleich Probleme haben …

 

 

Ergänzt wurden die Diskussionsrunden dann mit Untersuchungen mit einem Fahrsimulator in der Nähe von Würzburg, …

Wer Interesse hat mitzuwirken, findet Informationen dazu unter https://www.s-pedelec.net/ihre-unterstuetzung-ist-gefragt/ …

Update 2023-11

Erfahrungsbericht zur Fahrsimulatorstudie

Also Ende November war ich dann nach Würzburg gereist, um im WIVW, Würzburger Institut für Verkehrswissenschaften, an der Studie im Fahrsimulator teilzunehmen.
Dort war auf einem Brett ein „Fahrrad“ montiert, dessen Vorderrad auf einer Platte stand, mit der die Lenkbewegungen registriert wurden, dessen „Hinterrad“ war eine mit diverser Elektronik bestückte feststehende Vorrichtung
Der 1. Termin diente lediglich der Gewöhnung an den Simulator. Schwierig beim Fahren bzw. v.a. beim Lenken war, dass man sich nicht, wie Jahrzehnte gewohnt in die Kurven, legen durfte, sondern der Lenker schon auf leichte Bewegungen im digitalen Abbild stark reagierte. Am Anfang fühlte ich mich wie jemand, der noch nie auf einem Fahrrad gesessen hat – nicht mal auf einem 3 Meter breiten Radweg konnte ich die Spur halten und fuhr ständig in den Graben, da jede Neigung des Körpers das digitale Fahrrad ins Trudeln brachte. Das war einerseits irgendwie lustig, andererseits auch stressig.
noch dazu strahlten die im 6 Eck um mich rum 2 stöckig aufgestellten Monitoren ziemlich viel Wärme ab, für die Testphase gabs erst mal keine Unterstützung, es war also ziemlich warm und dazu musste ich schon recht kräftig reintreten, das Ganze war körperlich einigermaßen anstrengend

Spannend fand ich, dass die digitale Welt um mich rum eine ziemlich realistische 360 Grad Ansicht bot, im Spiegel konnte ich von hinten herannahende Fahrzeuge gut erkennen, wenn sie auf meiner Höhe waren, sah ich das auch im Monitor neben mir, hatten sie überholt, entfernten sie sich im Frontbildschirm…
Fast beglückend war, dass es in dieser virtuellen Realität einige „S-Pedelec Frei“ Schilder gab.

Am nächsten Tag fand die eigentliche Studie statt, wieder stellte ich mich zu Begin etwas doof an, das Lenken war wieder schwierig, da man es vom realen Fahren her anders kennt, nach kurzer Wieder-Eingewöhnung ging es dann schon.

Ich bekam einige Streckenvarianten zu befahren: Innerorts, außerorts, mit Vorgabe, ob ich Straße oder Radweg fahren solle, oder freie Wahl zwischen beiden.

Zwischendrin sollte ich immer wieder mal beantworten, wie sicher oder unsicher ich mich auf den jeweiligen Wegen gefühlt und für wie gefährlich ich diese Situationen gehalten hätte.

Auf der Fahrbahn fühlte ich mich – auch innerorts bei 50 km/h – meist nicht gut aufgehoben (-2 auf Skala -3 = sehr unsicher bis +3= sehr sicher) und ich schätzte es als gefährlich ein (-2 auf Skala -3 = sehr gefährlich bis +3= völlig ungefährlich). Auf dem Radweg fühlte ich mich sicher (+2 auf Skala -3 = sehr unsicher bis +3= sehr sicher) und schätze es als kaum gefährlich ein (+2 auf Skala -3 = sehr gefährlich bis +3= völlig ungefährlich).
Die +3 habe ich dabei jeweils nicht angegeben, da es mein natürlicher Impuls ist, dass immer mit unerwartetem Verhalten der Anderen (Fußgänger und Radfahrer) zu rechnen ist, also völlig ungefährlich ist es in meinen Augen auch dort nie. Das ist aber auch, wie ich meine, ein gutes Zeichen, weil dadurch eine gewisse Aufmerksamkeit gewährleistet ist.

Bei freier Wahl wollte man wissen, warum ich mich für welche Möglichkeit entschieden hätte. Klar ist, bei viel, v.a. LKW-, Verkehr, fühlt es sich in der Regel besser an auf dem Radweg.

Gibt es einen Radstreifen auf der Fahrbahn bietet es sich für mich an, zwischen diesem und der Fahrbahn zu pendeln auf den jeweils gerade freien Abschnitten. S-Pedelecs haben ja einen Rückspiegel, sodass man den Autoverkehr hinter sich gut beobachten kann. Diese Fahrweise praktiziere ich je nach Gegebenheiten z.B. auf den Bikelanes in Berlin. Bei der Studie gab ich als Grund für das Pendeln an: ich wolle auch dem Autoverkehr nicht im Weg sein, wo es unnötig sei, weshalb ich auf den Radweg wechsle, wenn da gerade frei ist. Sind dort aber Radfahrende, wechsle ich bei mäßigem Verkehr lieber auf die Fahrbahn, um sie möglichst wenig zu beeinträchtigen. Das Ganze hängt aber von mehreren Einzelfaktoren ab (Art der Strecke, Verkehrsaufkommen, Tageszeit usw.), darum gibt es keine pauschalen Antworten.

Ein ganz leichter Zweifel zur Übertragbarkeit auf reale Verhältnisse kommt auf, da das Fahrgefühl nicht wirklich dem auf meinem echten S-Pedelec entspricht, mit welchem ich mehr Routine habe, damit würde ich evtl. in vergleichbaren Situationen ein wenig schneller fahren und auch manche Leute überholen. Wahrscheinlich wurde ja auch mein Verhalten beobachtet, welches wegen der ungewohnten Bedingungen leicht verfälscht war, aber letztlich doch auch nah an dem, wie ich es üblicherweise mache. Es war zu sehen, dass ich z.B. nicht überhole, wenn mehrere Radelnde dicht hintereinander vor mir sind oder die Strecke schlecht einsehbar ist etc. Außerdem, dass ich in einer Gefahrensituation, z.B. unerwartete Bewegungsrichtungswechsel von Fußgängern, gut schnell genug zum Stehen kam.

Und es zeigte die schlichte Einsicht: Das Fahren auf dem Radweg ist oft angenehmer als auf der Fahrbahn

Sehr interessante Erfahrung jedenfalls …

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